Meine Berufungen

Was arbeite ich eigentlich und zu welchem Zwecke?

 

Ich kenne mittlerweile eine ganze Reihe Menschen. Das ließ sich aufgrund des langen Lebens einfach nicht richtig vermeiden. Dazu kommt, dass ich eine ganze Reihe unterschiedlicher Dinge gemacht habe. So sehen mich die Einzelnen jeweils unter ihrer Perspektive und weil da auch viel Altes und teilweise Fehlerhaftes die Blicke flirrend macht, würde ich gerne aufschreiben, was ich eigentlich gerade mache. Und zu welchem Zwecke.

 

Ich habe mal Sozialpädagoge studiert (FH). Übrigens zwei Semester gleichzeitig mit dem aktuellen Landwirtschaftsminister. Und weil mir das so brotlos schien und ich auf keinen Fall jemals Jugendarbeit machen wollte, habe ich noch Kulturmanagement drauf gesattelt. Weil es da ja so viel zu verdienen gibt als Vereinsmensch, Spezialisierung Selbstausbeutung... Da war ich dann auch im Ausland (Litauen und Tschechien) und anschließend haben wir die scheune in der Dresdner Neustadt übernommen. Nachdem das erfolgreich verlief und ich noch ein Philosophiefestival und einen Weihnachtsmarkt miterfunden hatte, bin ich in der Politik gelandet. Eigentlich wollte ich nur mal sehen, nach welchen Kriterien das Geld eigentlich verteilt wird. Ich habe dann aber doch einige Zeit damit verbracht es zu verstehen (wer es wissen will, schreibt mir eine Mail). Und dann kam 2015. 

 

Viele Menschen flüchteten nach Europa und zu uns nach Dresden. Die Stimmung begann sich aufzuheizen, die Rechten witterten Morgenluft, was bis heute anhält. Gleichzeitig gab es viel Hilfsbereitschaft. Im Endeffekt wurde die krisenhafte Situation gemeistert und die waschlappigen Befürchtungen der besorgten Bürger bezüglich Bürgerkrieg und Überforderung sind nicht eingetreten. Ich habe damals eine Position entwickelt, die Geflohenen in ihrer Selbstorganisation zu unterstützen, Teilhabe zu ermöglichen und Mitbestimmung zu fordern. Dies deckte sich mit meinen ersten Schritten bei Afropa e.V., einem Verein, der sich ursprünglich für die afrikanisch-europäische Verständigung gegründet hatte und im Zuge der Herausforderungen 2015/2016 begann Verantwortung zu übernehmen. 

 

Heute bin ich kaufmännischer Geschäftsführer des Vereins. Wir sind seit 2016 von einem rein ehrenamtlichen Verein auf mehr als 40 Angestellte gewachsen. Das größte Projekt ist die Migrationssozialarbeit Dresden-Nord. Dort bin ich zur zweiten Hälfte Regionalkoordinator der Migrationssozialarbeit. Das heißt, ich koordiniere ein immer größter werdendes Team an Sozialpädagoginnen und Ähnlichen, die von Trachau bis Niederpoyritz Migranten beraten. Wir beraten die Menschen auch in den Heimen, Notunterkünfte und Hotels, in denen sie vom Sozialamt untergebracht werden. Ich habe also mein Sozialpädagogik-Studium und das Non-Profit-Management in meiner Arbeit miteinander verbinden können. Im Nachhinein war keiner der Studiengänge sinnlos, wie ich es so oft dachte. Und der Sinngehalt der Arbeit ist im Gegenteil sehr hoch. Das Team an Spezialisten, das ich leiten darf, ist hoch motiviert, ungeheuer fleißig und verhilft tatsächlich den – wir sagen Klientinnen – zu Möglichkeiten der Teilhabe und Integration in die Gesellschaft. Die Unterstützung der Selbstorganisation wird durch meinen Verein Afropa e.V. geleistet. Wir ermutigen Gruppen und Initiativen, ihre Belange selbst zu organisieren und gemeinsam aufzutreten. Und es gibt einen starken soziokulturellen Ansatz. Auch wenn manchmal nur Bier getrunken und Fußball geschaut wird, haben wir viele Angebote im Weltclub, dem interkulturellen Nachbarschaftszentrum auf der Königsbrücker. Dort gibt es ein Tagescafé, Ausstellungen, kleinere Konzert, Diskussionsveranstaltungen, Vorträge etc. 

 

Mit viel Sinn sollte auch meine zweite Arbeit, die Kommunalpolitik versehen sein. Ich mühe mich redlich, kann aber nur behaupten, ein Lernender zu sein. Vom Mitentscheider zum Entscheider ist nochmal ein nächster Weg. Wie wird Geld verteilt? Dieser Frage gehe ich auch im Dresdner Stadtrat nach. Dort sitze ich in Gremien und spreche mit. Beim Kulturausschuss gelingt mir das schon gut, bei den Finanzen wird meine Stimme noch nicht gehört. Es wird so sein, dass für die richtige Nutzung der Demokratie für die Wählerinnen und Wähler aber auch für die Anliegen und die Weiterentwicklung der Stadt mehr Erfahrung nötig sein werden. Also eine 2. Wahlperiode. 

 

Mein Ehrenamt beschränke ich seit einiger Zeit auf den Förderverein Partnerschaft Dresden-Brazzaville e.V., wo ich zuletzt erfolgreich versucht habe, eine größere Spende in Form eines Müllautos in den Kongo zu verschiffen. Wenn das Fahrzeug jetzt noch von der Hafenstadt in die Hauptstadt kommt, können wir erstmal einen Haken daran machen.

 

Andere Aktivitäten wie der Musikverlag Oh, my music!, die gute alte scheune, der Bundesverband der Musikclubs LiveKomm, die Arbeit in der Wir* AG oder an der BRN sind Geschichte, meine Dresdner Geschichte. Ich lebe schon so lange hier, dass ich neben einer Karriere als Familienoberhaupt weitere formidable Wege als alles Mögliche gehen konnte. Ich danke allen, die sich dafür interessieren.

 

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